Wieder zahlreiche Flüchtlinge im Mittelmeer vermisst

Nach mehreren Bootsunglücken rund 180 Tote befürchtet - darunter viele Kinder / Lybische Küstenwache schießt während Rettungsaktion auf Asylsuchende

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Berlin. Das Sterben der Flüchtenden im Mittelmeer geht weiter: Nach dem Kentern eines Bootes mit zahlreichen Kindern an Bord sind bisher über 30 Leichen geborgen worden, die meisten davon kleine Kinder, twitterte der Gründer der Hilfsorganisation MOAS, Chris Catrambone. Nach Angaben einer Sprecherin waren drei Holzschiffe mit insgesamt rund 1.500 Menschen vor der libyschen Küste unterwegs. Eines der Boote sei gekentert. Rund 200 Menschen seien ins Wasser gefallen, darunter zahlreiche Kinder und Frauen. »Das ist keine Szene aus einem Horrorfilm, das ist die Wirklichkeit vor den Toren Europas«, so Catrambone. Auf Bildern sieht man, wie viele Menschen im Wasser treiben. Die italienischen Küstenwache ging nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa zunächst von 31 Toten aus, befürchte aber mehrere Vermisste.

Erst am Vortag war bekannt geworden, dass am vergangenen Freitag möglicherweise mehr als 150 Migranten gestorben sein könnten. Überlebende hätten von 156 Vermissten berichtet, hatte die Internationale Organisation für Migration (IOM) mitgeteilt. In diesem Jahr sind bei der Überfahrt über das Mittelmeer bereits mehr als 1.340 Menschen ums Leben gekommen. Derzeit setzen vermehrt Boote in Richtung Italien über, weil das Wetter gut ist.

Derweil wurde die deutsche Hilfsorganisation Jugend Rettet Zeuge eines weiteren Zwischenfalls. Von Booten der libyschen Küstenwache sei während einer Rettungsaktion auf Flüchtlingsboote geschossen worden. Zudem seien Migranten geschlagen worden, hieß es in einer Mitteilung. Zwei Boote seien wieder zurück nach Libyen gebracht worden. »Über 100 Menschen sind aus Panik ins Wasser gesprungen. Zum Glück hatten die meisten Rettungswesten an, die wir schon verteilt hatten«, erklärte der Kapitän des Schiffs Juventa der Mitteilung zufolge. »Für uns selber war die Situation äußerst kritisch: Wir sind hier, um zu helfen, waren aber gezwungen tatenlos zuzusehen, um nicht selber eine Kugel einzufangen.«

Mehr als 50.000 Flüchtling wurden bisher in diesem Jahr nach Italien in Sicherheit gebracht, wie das italienische Innenministerium am Montag bekanntgab. Für viele bleibt die Festung Europa aber ein tödliches Hindernis. Agenturen/nd

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